LexikonStart - Lexikon

Die kritische Männerforschung ist ein interdisziplinäres Wissenschaftsgebiet, das sich Themen wie Männer, Männlichkeit, Feminismus, Geschlecht und Politik widmet. Sie stützt sich auf die feministische Theorie, um verschiedene Ideologien zu analysieren, die mit Männlichkeit zu tun haben, und untersucht durch Analysen die vielfältigen Konzepte, die in dem Begriff Männlichkeit enthalten sind.

Die auch als kritische Männlichkeit bezeichnete Forschung untersucht wissenschaftlich, was es bedeutet, ein Mann in der heutigen Gesellschaft zu sein. Im englischen Sprachraum wird sie im im akademischen Umfeld auch als „Men's studies“ oder „Masculinity Studies“ bezeichnet. Der letztere Begriff und das dahinterstehende Konzept wurde von R.W. Connell in ihrem einflussreichen Buch Masculinities (1995) vorgeschlagen.

Forschungsinhalte

Die Forschung findet analog zur Frauenforschung vor allem im Rahmen der Gender Studies statt. Sie basiert auf erziehungswissenschaftlichen, sozialwissenschaftlichen, psychologischen und historischen Untersuchungen.

Als relativ junge Wissenschaft wurde die Männerforschung weitgehend als Antwort und Kritik auf die sich entwickelnden Männerrechtsbewegung gebildet und wird daher erst seit den 1970er Jahren an Universitäten gelehrt. Im akademischen Umfeld steht die Männerforschung in Beziehung zur Frauenforschung bzw. ist eingebettet in den Studiengang Geschlechterforschung (Gender Studies). Als solches neigen die Fachbereiche dazu, Sympathie für die Befürwortung feministischer Politik auszudrücken oder sich dafür einzusetzen.

Die Etablierung eines eigenen Fachbereichs stieß auch auf Kritik, da einige Autoren die Herauslösung der „Männerforschung“ aus den „Gender Studies“ als nicht sachgemäß beurteilen, und fürchten, dass diese „Atomisierung“ nachteilige Effekte haben könnte. Zudem betätigen sich auf diesem Forschungsgebiet, im zu den „Gender Studies“, fast ausschließlich Männer.

Die Männerforschung arbeitet mit feministischen Studien, um das Verhältnis von Männern zu patriarchal orientierten Macht-Strukturen in verschiedenen sozialien und historischen Umgebungen zu hinterfragen.

Bei der Durchführung von Studien zur Männlichkeit begannen viele Wissenschaftler zu untersuchen, in wie fern Männlichkeit eine soziale Konstruktion ist (siehe auch die Arbeiten von Michael S. Kimmel (* 1951); Professor für Soziologie an der Stony Brook University in New York).

Im Gegensatz zur Disziplin der männlichen Psychologie beinhaltet die kritische Männerforschung Diskussionen über Männerrechte, feministische Theorie, Queer-Theorie, Matriarchat, Patriarchat und ganz allgemein darüber, was die Befürworter als die sozialen, historischen und kulturellen Konstruktionen von Männern beschreiben. Sie diskutieren häufig Aspekte rund um männliche Privilegien, die sich heute eher in subtileren Formen manifestieren, anstatt zu verschwinden.

Grundlegene Prinzipien

Der kritischen Männerforschung liegen eine Reihe von prinzipielen Aspekten, Positionen und Methoden zu Grunde.

 

Ein weiterer Aspekt der Forschung über Männer ist deren Rollenspezifische Darstellungen in Witzen und Anekdoten. Durch Männerwitze (Link zu unserer Schwesterdomain ProgrammWechsel.de) die Vorurteile zum Ausdruck bringen, werden diese als soziale Gruppe stigmatisiert, die Vorurteile gegen sie verfestigt. Auf diese Weise können nach Sigmund Freud mit einem Tabu versehene oder unbewusste Inhalte in einer gesellschaftlich akzeptierten Form dargestellt und ausgedrückt werden.

 

Geschichte

In den 1960er und 70er Jahren haben die Frauenbewegung und die feministische Theorie darauf aufmerksam gemacht, dass das Geschlecht eine Rolle spielt. Darüber hinaus besteht ein wesentliche Wechselwirkung zwischen Geschlecht und Macht. In einer patriarchalischen Gesellschaft haben Männer als Familien- und Staatsoberhäupter Macht. Solche Gesellschaften tolerieren jene weiblichen Verhaltensweisen, die es den Männern leicht machen, ihre sozialen und ökonomischen Vorteile aufrechtzuerhalten und auszubauen. Sie entmutigt, ja bestraft sogar, jene Verhaltensweisen, die dies nicht tun.

Das war und ist die Prämisse der feministischen Sozialforschung. Natürlich hat sich der Feminismus im Laufe der Zeit in einen Feminismus verwandelt, der die globalen Frauenrechte sowie die Fragen von Rasse, Klasse und Sexualität berücksichtigt. Ende der 90er Jahre hatte sich die Gender Studies zu einem Ableger der Frauenforschung entwickelt. Unter der feministischen Prämisse des patriarchalischen Privilegs und der untrennbaren Verbindung zwischen Geschlecht und Macht legten mehrere Studien da, dass das Patriarchat alle Geschlechter, nicht nur Frauen, zu konstruieren und zu regulieren versucht. Den Gender Studies verdanken wir eine Reihe weiterer wichtiger Erkenntnisse: dass biologische und soziale Geschlecht nicht zwingend identisch sind; dass das duale Geschlechter-Verständnis (Mann/Frau) folglich ein gebrechliches soziales Konstrukt ist und dass das Verhältnis zwischen Geschlecht und Sexualität nicht annähernd so einfach ist, wie wir früher dachten.

Die amerikanische Philosophin und Philologin Judith Butler (* 1956) hatte gegen Ende der 1980er Jahre neue Impulse gesetzt (u.a. auch die Diskussionen um die Queer-Theorie angestoßen), in dem sie konventionelle Vorstellungen hinterfragte sowie eine Theorie der Geschlechter-Performativität entwickelt. Demnach werden die Kategorien männlich und weiblich als Wiederholung von Sprechakten verstanden, und nicht als natürliche oder bzw. absolut gesetzte Tatbestände.

In den 1990er Jahren begann die kritische Männerforschung, ein relativ neuer Zweig auf dem Gebiet der Geschlechterforschung, Fragen nach Männern und ihrem Verhältnis zur patriarchalischen Macht zu stellen (etwas, das bisher offensichtlich schien und unbestritten war):

  1. Haben alle Männer Macht?
  2. Wollen alle Männer Macht?
  3. Ist Männlichkeit in jeder Kultur und jedem Zeitraum gleich?
  4. Ist Männlichkeit (masculinity) ein Wort, das sowohl im Singular als auch im Plural existiert?
  5. Hängt die Leistung der Männlichkeit von den Kategorien Rasse, Klasse und Sexualität ab?

Die Antwort auf die ersten drei Fragen ist ein klares Nein, während die Antwort sowohl auf die vierte als auch auf die fünfte Frage ein klares Ja ist (Quelle: Dr. Helena Gurfinkel).

Literatur

Robert W. Connell (Raewyn Connell): Ruling Class – Ruling Culture. Studies of Conflict, Power & Hegenomy in Australian Life, Cambridge: Cambridge University Press, 1977

Robert W. Connell (Raewyn Connell): Masculinities, Cambridge: Polity Press, 1995 ISBN 0-7456-1469-8 (deutsch: Der gemachte Mann: Konstruktion und Krise von Männlichkeiten, Opladen: Leske + Budrich 1999 ISBN 3-8100-1805-8)

Michael Kimmel: The Politics of Manhood. Temple University Press, 1995.

Judith Butler: Das Unbehagen der Geschlechter. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-518-12433-1. Originalausgabe: Gender Trouble: Feminism and the Subversion of Identity. Routledge, New York [u. a.] 1990, ISBN 0-415-90042-5.

 


Dann gibt es noch Frauenliteratur auch für Männer: "Schmach - Die Schuld eine Frau zu sein / Ein Lesebuch für Frauen und Männer". Erste Eindrücke zum Inhalt gibt es auf dem gleichnamigen Portal www.schmach.net, wo sich auch ein Link zum Shop des Verlags befindet. Es geht, u.a., aber nicht nur um: „Mieses Selbstbewußtsein? Oder lieber gar keins? Eifersucht oder Übersehsucht? Die Antworten auf diese Fragen gehören zum “kleinen” Unterschied zwischen Frau und Mann!“. Klare Empfehlung!

 


 

Weitere interessante Artikel zum Thema: